Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

Eschbach, mittel bis prächtig

eschbach, herr aller dingeHiroshi und Charlotte sind ein unmögliches Paar: er Sohn einer Hausangestellten, sie Tochter des französischen Botschafters in Japan. Und doch entwickelt sich eine Kinderfreundschaft zwischen den beiden. Klassenschranken sind aber unbarmherzig und der 10-jährige Bub erkennt das Problem: Es gibt Reiche und Arme. Also lässt er sich etwas einfallen, wie alle Menschen reich sein können …
Andreas Eschbach genießt bei mir jeden Kredit; umso schwerer fällt es mir, öffentlich einzugestehen, dass ich den jüngsten Wurf des Meisters für einen seiner schwächsten halte. Herr aller Dinge ist Technikthriller, Science Fiction, Abenteuerroman, Beziehungskiste, Jugendliteratur, adult fiction, Crimestory, Mystery, Historienschinken… Es wirkt, als habe der Autor versucht, sich zum „Herrn aller Genres“ aufzuschwingen und den Beweis zu erbringen, dass sich alles mit allem verbinden lässt. Das ist, Eschbach-typisch, gewagt und innovativ und phasenweise auch spannend und unterhaltsam, in Summe aber schwer verdaulich. Zu vieles Andreas Eschbach: Herr aller Dinge Taschenbuchbleibt unausgegoren, verläuft im Sande oder erweist sich als irrelevant; Eschbachs eschbach, herr aller dinge AudioErklärung schließlich, warum noch keine Aliens aufgetaucht sind, soll vielleicht den ultimativen Zynismus darstellen, wirkt aber einfach nur an sich sträubenden Haaren herbeigezogen. Weniger wäre weit mehr gewesen: Z.B. ein Eschbach-typisch bestens recherchierter, utopisch-gesellschaftskritischer Nanotechnik-Thriller, in dem für das Nichterscheinen der Aliens keine abstrus-paranoide Universumsverschwörungstheorie konstruiert zu werden braucht.
Damit jetzt kein falscher Eindruck entsteht: Der Roman ist lässig geschrieben und gehört natürlich zu den 10 besten Prozent der Neuerscheinungen. Da Eschbach aber letztlich nur mit Eschbach verglichen werden kann …
Andreas Eschbach: Herr aller Dinge. Gustav Lübbe Verlag, Köln 2011. Gebundene Original-Printausgabe, 687 S.
Auch als E-Book, Audiobook und Taschenbuch (Cover links unten) erhältlich.

Autor: Helmuth Santler

08. Jan 2012 um 18:34

Einen Kommentar schreiben: