Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

Zeittotschlags-Reise

41IsEgF7sCL._SL160_Ich gebe es gerne zu: Zeitreisegeschichten üben seit jeher eine völlig irrationale Faszination auf mich aus. Die denkmöglichen Reisen, die dadurch in Angriff genommen werden können! Die herrlichen Paradoxa, die es storytechnisch auszutüfteln gilt! Culture Clash ohne Ende, Antike und Moderne in direkter Konfrontation … unendliches Potenzial für Satire, Comedy, hirnverwirrende Plots und atemberaubende Spannung.
Insofern war ich überaus neugierig auf Zeitreisende sterben nie, zumal Jack McDevitt als logischer Nachfolger von Isaac Asimov und Arthur C. Clarke gehandelt wird. Der Roman hebt auch durchaus beeindruckend an und versteht es, durch griffige, flotte Schreibe den Leser mühelos bei der Stange zu halten. Im Laufe der Ereignisse breitet sich freilich Ernüchterung aus: denn das Werk läuft auf nichts hinaus. Es ist eine literarische Zeitreise um der Zeitreise willen, ständig werden die Epochen gewechselt, doch aus den zahllosen, Jahrhunderte überspannenden Begegnungen entwickelt sich herzlich wenig. Die Message, die keine ist, lautet: Lasst lieber die Finger von Zeitreisen, es macht süchtig und verhindert, dass ihr in der Gegenwart zu leben versteht. Das satirische, gesellschaftskritische, horrible, komödiantische Potenzial von Zeitreisestorys wird dabei nicht einmal ansatzweise genutzt; keins davon. So bleibt letztlich der sehr schale Nachgeschmack eines reichhaltigen Buffets, dessen einzelne Bestandteile leider in keinem anderen Zusammenhang stehen als dem, auf einem Tisch vereint zu sein.

Jack McDevitt: Zeitreisende sterben nie. Lübbe, Bergisch-Gladbach 2011. Tb., 524 S., EUR 9,30
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Autor: Helmuth Santler

28. Sep 2012 um 12:09

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