Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

Worte und Wahrnehmung

51KQKHxXlEL._SL160_Ich spreche Spanisch zu Gott, Italienisch zu den Frauen, Französisch zu Männern und Deutsch zu meinem Pferd.“ So fasste Karl V. seine Überzeugung zusammen, dass jede Sprache für eine eigenständige Version der Welt steht. Diese Auffassung – Sprache als Verbalisierung von Weltanschauung, diese prägend oder sogar bedingend – wird gemeinhin als gegeben hingenommen. Guy Deutscher, Linguist und Mathematiker aus Tel Aviv, stellt der Volksmeinung die harten, sprachwissenschaftlichen Fakten entgegen, wobei er uns auf den verschlungenen Pfaden wissenschaftlicher Erkenntnis zunächst einmal gekonnt durch die Irrungen und Wirrungen der einschlägigen Wissenschaftshistorie führt. Deutscher ist als Pfadfinder großartig: Nicht nur verliert er trotz labyrinthischer Kurssetzung nie das Ziel aus den Augen, er weiß sich seiner Leserschaft auch an jeder schwierigen Weggabelung oder potenziell lang(weilig)en Geraden mit Beispielen und Anekdoten zu versichern. Der an der Universität Manchester Lehrende ist ein unnachgiebiger Analytiker, der den korrekten wissenschaftlichen Erkenntnisweg unbeirrbar bis zum Ende geht – und steckt dabei voller sprühendem Humor.
Wer wissen will, „Warum die Welt in anderen Sprachen anders aussieht“, ist mit Deutschers Arbeit bestens bedient: Sie ist präzise, hinterfragt Klischees, klärt Missverständnisse, liefert viele kluge Antworten und präsentiert all dies auf so erfrischende und geistreiche Art, dass hier tatsächlich ein Sachbuch vorliegt, das zugleich ein wahrer Lesegenuss ist.

Guy Deutscher: Im Spiegel der Sprache. Warum die Welt in anderen Sprachen anders aussieht. dtv, München 2012. Tb., 320 S., € 13,30 (A)

Autor: Helmuth Santler

19. Feb 2013 um 12:10

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