Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

Tierisch gut: Blacksad

Comic, Film noir und Fabel: Zeichen- und Erzählkunst auf höchstem Niveau

Das Adjektiv, um das man beim Rezensieren der bisher fünfteiligen Comic-Reihe Blacksad nicht herumkommt, ist fabelhaft. Das gilt nämlich auf allen denkbaren Ebenen: Speziell die ersten drei Bände überzeugen mit präzisen, hochemotionalen, ausdrucksstarken Bildern, die, wenn es actionmäßig zur Sache geht, sogar noch einen Gang zulegen. Dann scheinen die Figuren aus den Panels ausbrechen zu wollen, man hört und spürt, was man sieht.

Völlig zurecht wurde das Debütalbum Irgendwo zwischen den Schatten 2001 mit Preisen bedacht und war bei Kritikern und Publikum gleichermaßen ein großer Erfolg: Dank Sätzen wie „Dort draußen lief jemand herum, der zwei Morde begangen hatte: den Mord an einer Person und den Mord an meinen Erinnerungen.“ kann die im Stil eines Film noirs der 50er-Jahre erzählte Crimestory um den Privatdetektiv John Blacksad auf beachtliche literarische Qualität und charakterisierenden Tiefgang verweisen. Die schnörkellos erzählte Geschichte verliert sich dabei aber nie in Selbstüberhöhung, sondern bleibt stets, was sie ist: ein Krimi mit einem desillusionierten Helden, der den schleimigen Oberbösen aller Anfeindungen zum Trotz letztendlich zur Strecke bringt. Freilich: „Diese Geschichte hinterließ einen bitteren Nachgeschmack.“ Schließlich war die Liebe schon von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Und der geübte Zyniker weiß, dass hinter jedem erschossenen Verbrecher zehn andere warten …

Kaltblütige Kaltblüter, verräterische Ratten
Blacksad_1

Effiziente Verhörmethoden à la Blacksad.

Blacksad ist fabelhaft – auch buchstäblich. John Blacksad ist ein schwarzer Kater, das Gesetz wird gerne von Hunden vertreten, der im zweiten Band erstmals auftauchende Reporter-Sidekick Weekly ist ein Wiesel, der alternde Boxchamp ein Gorilla … Juanjo Guarnido hat dabei einen neuen Weg der Vermenschlichung gefunden: Während die Köpfe ganz Tier sind, hat er die Körper in den Proportionen völlig menschlich belassen. Dadurch gelingt der Transport von Emotionen mit seltener Eindringlichkeit, weil zugleich die tierischen Charaktereigenschaften und das allzumenschliche Verhalten deutlich werden. Nebstbei wird auch das bei Comics gar nicht so seltene Problem des mangelnden Wiedererkennungswertes (speziell im Manga unterscheiden sich häufig Figuren nur durch ihre Accessoires und Frisuren) brillant beiseitegeschafft, was wiederum der Bildgeschichte zu erweiterten filmischen Ausdrucksmöglichkeiten verhilft.

Für die Qualität und Sorgfalt der Reihe sprechen auch die großen Abstände zwischen den Erscheinungsterminen: 2003 folgte Arctic Nation, 2005 Rote Seele, 2010 Die Stille der Hölle. Dieses jüngste Album erfüllte zwar aufgrund einer weniger packenden, etwas konfusen Story und fallweise nachlässig wirkender zeichnerischer Umsetzung nicht ganz die hochgesteckten Erwartungen, nach drei meisterlichen und erfolgreichen Bänden ändert dies aber nichts daran, dass Band 5 mit Spannung erwartet werden darf: Amarillo steht auf Deutsch 2014 ins Haus.

Juan Díaz Canales (Szenario), Juanjo Guarnido (Zeichnungen): Blacksad. Carlsen Comic, Hamburg. Je Band € 16,50 (A)
Blacksad 1. Irgendwo zwischen den Schatten. Album, Hc, 48 S., 2001
Blacksad 2. Arctic Nation. Album, Hc, 56 S., 2003
Blacksad 3. Rote Seele. Album, Hc, 56 S., 2005
Blacksad 4. Die Stille der Hölle. Album, Hc, 56 S., 2010
Blacksad 5. Amarillo. Album, Hc, 56 S., 2014

 

Autor: Helmuth Santler

14. Jan 2014 um 14:34

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