Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

„Fakt ist: Was können wir verbessern?“

Ein todernster Blick auf den heimischen politischen Regenbogen ergibt:
So richtig das Wahre sind sie alle nicht

Mit am liebsten in der Welt der heiteren Sicht aufs Dasein ist mir die Entlarvung – am besten die Selbstentlarvung. Nehmen wir zum Beispiel den Wahlspruch von Team Stronach (für alle, die es nicht wissen oder bereits wieder verdrängt haben: die einzige „demokratische“ Partei, deren alleiniges Programm darin bestand, ihrem Führer auf dem Weg nach Alzheim zu folgen): „Wahrheit – Transparenz – Fairness“. Wer sich jetzt reflexartig denkt: „WTF??“ hat alles durchschaut.

Dabei ist das echt unfair: Schließlich liegt beim Team Stronach alles offen zutage. Ganz im Gegensatz zu anderen politischen Gruppierungen, die nach Kräften ihre wahren Absichten verschleiern. Die ÖVP hat sich erfolgreich als Dachverband mehr oder minder einflussreicher, typischerweise bündisch organisierter Interessengruppen etabliert: Industrielle, Wirtschaftstreibende, diverse Kammern, Liga der außergewöhnlichen Finanzspekulanten … Alles schön und gut, aber wo bleibt „das Volk“, für das die Partei doch angeblich in erster Linie da ist, das es zum Teil ihres Namens gemacht hat? Richtig: Es stimmt eifrigst für die Partei, insbesondere in Pröllistan, und erwählt sich damit erfolgreich seine eigenen Ausbeuter.

Die Sozialdemokraten wiederum haben sich ihre Eigenbezeichnung aus zwei der gottgefälligsten Begriffe überhaupt zusammengesetzt. Als Synonyme für „sozial“ finden wir im Duden „gemeinnützig, hilfsbereit, karitativ, Nächstenliebe übend, selbstlos, uneigennützig; (gehoben) barmherzig, mildtätig; (veraltend) wohltätig“. Na logo geben wir, das Volk, diesen engelsgleichen Wesen unsere Stimme, auf dass sie uns unsere Darreichung doppelt und dreifach vergelten! Und sie sind dann ja auch sowas von lieb zu ihrem Nächsten, für dessen Wohl tätig zu werden der Auftrag des demokratischen Souveräns ist. Sie ziehen und spielen das Selbst-Los, immer und immer wieder, und haben nichts als den gemeinen Nutzen im Sinn, wenn sie dabei die unzähligen winzigen Beträge von unzähligen winzigen Staatsbürgern einsetzen, um ohne jeden Uneigennutz bestmögliche Nächstenliebe zu üben.

hasansuekuemAuch bei den Freiheitlichen helfen uns die Synonyme weiter: „Antiautoritär“ schlägt da der Duden
u. a. vor, und das bedeutet ja wohl nichts anderes, als dass sie keine Autorität außer ihrer eigenen dulden. Tatsächlich können die Blauen alles besser, und Anwürfe Marke „alle anderen sind korrupt“ implizieren nur für unbedarftes Stimmvieh, dass sie selbst etwa nicht korrupt wären. In Wahrheit ist gemeint: „Alle anderen sind einfach korrupt; wir hingegen sind so viel besser korrupt, wir halten uns nicht mit Bauaufträgen auf, wir verscherbeln gleich ganze Bundesländer.“

loosdorfSchon zu denken geben sollten einem allerdings FPÖ-Plakate, auf denen „Sprache lernern“ eingefordert wird, damit endlich wieder „Ordnug“ herrscht (überall, nicht nur in „Loosdof“), und tatsächlich: Nur die Vifsten beherrschen den FP-Sprech. Wenn nun unglückseligerweise ein FP-ler sich öffentlich äußern muss, der nicht zu diesen Auserwählten gehört, setzt der Dilemma-Geier zum Sinkflug an. Und das hört sich dann so an (Interview mit dem Turkovorarlberger Hasan Sükün, der bei den Gemeinderatswahlen am 15. März für die FPÖ in Lustenau kandidierte; derStandard.at, 11. 3. 2015):

derStandard.at: Herr Sükün, wie würden Sie sich politisch einordnen, eher links oder rechts?

Hasan Sükün: In der Mitte: Ich bin der Meinung, dass wir mit Kommunizieren vieles richten können.

derStandard.at: Was sollte man denn richten?

Sükün: Wie soll ich sagen: Kurz vor den Wahlen will ich das nicht erwähnen. Wir haben ein tolles Team, wir sind gut unterwegs. Und wir machen ja keine Bundespolitik, sondern Gemeindepolitik. Dadurch, dass ich seit 40 Jahren in Lustenau bin, sehe ich kein Problem.

derStandard.at: Was möchten Sie auf Gemeindeebene verbessern?

Sükün: Wie schon gesagt: Das möchte ich jetzt nicht erwähnen. Erst nach der Wahl.

derStandard.at: Warum nicht? Die Wähler möchten doch gerne wissen, was Sie sich von Ihnen erwarten dürfen.

Sükün: Wir werden ja sehr wahrscheinlich in einem Ausschuss tätig sein. Fakt ist: Was können wir verbessern? Darum will ich es kurz vor der Wahl nicht erwähnen, damit es nicht an die große Glocke gehängt wird. Aber die, die mich kennen, wissen, wie ich mich engagieren werde.

Der blaue Oberelektriker zeigt einmal mehr vor, wie es gemacht wird. Strache am 12. 3. über die Sükün-Kandidatur: „Es zeigt, dass wir nicht ausländerfeindlich sind, es zeigt auch, dass wir Menschen, die sich bei uns integriert haben, positiv sehen und positiv bewerten – dass wir für Integration sind. Es gibt viele liberale Menschen aus der Region, die zu uns kommen und sagen ,Danke, dass es euch gibt, euch Freiheitliche‘.“

Strache am 16. 3., nachdem entgegen dem sonstigen Trend die FPÖ in Lustenau um knapp sieben Prozent eingebrochen war: „Hier trifft die Verantwortlichen in Lustenau ein klares Auswahlverschulden in Form einer krassen personellen und inhaltlichen Fehlbesetzung. Derartige Personalentscheidungen werden von der Bundespartei weder gutgeheißen noch in irgendeiner Form akzeptiert.“ (beides zitiert aus Vorarlberg Online)

Motto also: Je situationselastischer die Meinungsbildung, desto vehementer ist die tagesaktuelle Sicht der Dinge zu vertreten. Fake it ’til you make it.

Das gemeinsame Ziel aller erwähnten politischen Gruppierungen ist der eigene Machterhalt. Was für ein Glück also, dass es wenigstens noch die Grünen gibt! Sonst hätten wir überhaupt niemanden, der sich der wirklichen Probleme der Menschheit und des Planeten annimmt: dem Abflachen von Gehsteigkanten, dem Wohlbefinden von Weideschafen, der Förderung des Öffentlichen Verkehrs zwischen einvernehmlichen Erwachsenen. Apropos: Mit dem Slogan „Halbe-halbe in Beruf, Politik und Alltag“ fordern die Grünen strikte Geschlechterparität in allen Lebenslagen. Schlechte Nachrichten für alle Schwulen und Lesben: Sie verstoßen gegen die 50:50-Sexquote. In der dringend darüber anzustoßenden Debatte wird sich dann auch ganz klar zeigen, wie ernst Grünmann und -frau es wirklich mit der Gleichberechtigung nehmen – wird die hundertprozentige Männerdiskriminierung bei lesbischem Bettgerangel ebenso Thema sein wie der Ausschluss der Damen aus den schwulen Schlafzimmern?

Die schlechte Nachricht ist: So richtig das Wahre sind sie alle nicht; auch die neospinken Versuche, uns den überdrehten Turbokapitalismus als spirituelle Erneuerungsbewegung reinzudrücken, haben nicht überzeugt. Die gute Nachricht lautet: Sie sind alle zu entlarven. Und nachdem uns das gelungen ist, packen wir es an und nehmen es selbst in die Hand.

Fakt ist Was koennen wir verbessern

Autor: Helmuth Santler

24. Apr 2015 um 10:23

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