Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

Schmerztabletten und Cranberrysaft

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Teenager-Innenschau und Coming of Age: rotzfrech, dreist und fucking funny.

England 1990. Wolverhampton, West Midlands, ist eine Thatcher-Industriebrache. Ihre hervorstechendsten Blüten sind Arbeiter-Sozialhilfeempfängersiedlungen, die den sauren Gestank von Armut ausdünsten. Joblos und kinderreich ist der gängige Familienstatus – auch bei den Morrigans.

Auftritt Johanna. „Ich liege im Bett, neben meinem Bruder Lupin. Er ist sechs Jahre alt und schläft. Ich bin vierzehn und schlafe nicht. Ich masturbiere.“

Johanna ist ungeküsst und beginnt gerade ernsthaft mit der Ursachensuche, warum sich an diesem untragbaren Zustand allem Anschein nach so bald nichts ändern wird. Sie versucht es damit, sich selbst mehrfach neu zu erfinden: als Goth, als Fan, als ultrazynische Musikkritikerin Dolly Wilde, als „Walküre der Wollust“.

In Morans rotzfrechem, herrlich komischem Alter-Ego-Roman ist viel los: tabulos, schonungslos, fraglos eine der erhellendsten und erfrischendsten Teenager-Innenschauen und Coming-of-Age-Storys der populärliterarischen Gegenwart. Erkenntnis-Draufgabe: „Auf deinem Weg bist du ganz allein. Es gibt keine Akademie, wo du lernen kannst, du selbst zu sein.“ Helmuth Santler

Caitlin Moran, „All About a Girl“. € 15,50 / 384 S. Carl’s Books, München 2015

Im Standard vom 25. 6. 2016:

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Autor: Helmuth Santler

27. Jun 2016 um 11:16

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