Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

Hoch das Herausgequetschte

21. INTERNATIONALES AKKORDEON-FESTIVAL 2020 (22.02.–22.03.2020)

Schön, dass man wieder ganz ungeniert von der Quetschn sprechen kann, ohne damit den Ruch der Verachtung zu verbreiten, der diesem Begriff einst zugrunde lag. Wenn heute „Quetschua“ gesprochen, gefiept, gezogen, geheult, virtuos triumphiert wird, dann ist die Bezeichnung Quetschn für die Seele des Ganzen, das Akkordeon, liebevoll und anerkennend: gute Freunde haben Spitznamen.

Stummfilm-Matineen sind ein traditioneller Bestandteil des Akkordeonfestivals. Im Bild Heidelinde Gratzl (AT) & Pamelia Stickney (USA), die die Oscar-Wilde-Verfilmung Salome live begleiten werden. Foto: Gratzl

Verantwortlich für die Erhebung des „Accordions“, wie der österreichische Instrumentenbauer Cyrill Demian seine Erfindung 1829 nannte, in den Rang eines instrumentalen Alleinunterhalters ist natürlich das Akkordeonfestival. Und so traditionsreich der Ablauf mittlerweile ist – launiges, musikalisch wie kulinarisch hochwertiges Presseessen, gut ein Monat später Beginn der Winteraustreibung, mit Frühlingsbeginn zwei- bis dreifache Abschlussgala zur Feier des Lebens, des Universums und des ganzen Rests –, so wenig hat die vielgestaltige Erfreulichkeit mit Wiederholung des Alten und Immergleichen zu tun. Das Akkordeon ist in jedem denkbaren musikalischen Kontext zu finden und die Festivalmacher, allen voran Friedl Preisl und Franziska Hatz, längst in der glücklichen Lage, dass dies alle Harmonika-Jüngerinnen und -Jünger dieser Welt im Festivalrahmen beweisen wollen.

Asja Valcic (Cello, HR) und Klaus Pajer (Akkordeon, AT) spielen in der Sargfabrik. Foto: Michael Reisinger

Diese kleine Vorankündigung müsste demnach die Rosinen der Rosinen selektieren, wollte sie ins programmatische Detail gehen – ein gleichermaßen unfairer wie sinnbefreiter Vorgang. Ja, ich fiebere dem genialen Duo Pajer/Valcic entgegen, das seit über zehn Jahren die Grenzflächen zwischen Akkordeonien und Cellistan bereist, aber der eigentliche Grund, es hier eigens anzuführen, ist ein rein technischer: Das Vindobona, geplante Spielstätte von vier Akkordeonfestival-Events, ist pleitegegangen. Im Handumdrehen mussten Ersatzspielorte gefunden werden, und „weil Wien, mit Verlaub, schon eine wirklich sehr lässige Kultur- und Musikstadt ist, ist es gelungen trotz des Termindrucks würdige Austragungsorte für diese schönen Konzerte zu finden“. Die Sargfabrik, in diesem Fall. Die Eröffnungsgala Arnotto Extended wurde in den Lorely-Saal verlegt.

Ansonsten mögen die Lektüre des Programmhefts und/oder der Besuch der Website mit ausführlichen und wohlklingenden Beschreibungen und Links zu KünstlerInnen-Websites und Youtube-Videos genügen, das geneigte Publikum vor die Qual der Wahl zu stellen.

 

Autor: Helmuth Santler

14. Feb 2020 um 13:17

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