Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

Atmosphärisch JA, krimispannend naja

51QRdF4r1qL._SL160_Jack Taylor verkörpert sämtliche verfügbaren Irland-Klischees in konzentrierter Form: Er liebt Literatur, säuft wie ein Loch, prügelt sich leidenschaftlich und ist Polizist (sollte sich jetzt jemand fragen, warum Polizist-Sein ein Irland-Klischee ist, sei er auf die Geschichte von z.B. des NYPD verwiesen).
Letzteres ist Mr. Taylor allerdings nur kurz, denn wie der Titel ja schon verspricht, fliegt er raus, aus dem Polizeidienst nämlich. Was auch dazu führt, dass er ersteren Stereotypen nur umso inniger zu entsprechen beginnt. Und dazu, dass er fortan seine Dienste als Privatdetektiv feilbietet.
Zwar ist Jack Taylor insgesamt gesehen mit dem Wort „unpackbar“ recht treffend beschrieben, aber dennoch erhält er einen Auftrag, den er dann auch nach diversen Irrungen und Wirrungen zu Ende bringt – auf typisch irische Art, nämlich eigensinnig, gewalttätig und im strömenden Regen.
Die hochgelobte Übersetzung von Harry Rowohlt hält absolut, was versprochen wird; der Text ist atmosphärisch so dicht, dass selbst der irische Dauerregen daran wirkungslos abperlt, und keucht und schnauft vor düsterer Irishness. Dass bei all der Stimmungsmalerei die Handlung ziemlich auf der Strecke bleibt, ist nicht Rowohlts Schuld. Tatsache ist aber, dass der Fall, krimitechnisch gesehen, ziemlich uninteressant ist und Krimispannung in keiner Phase aufkommen mag.
Wer sich also in brillant ins Deutsche übertragene Abgründe der irischen Seele begeben mag, wird mit dem Auftakt der Jack-Taylor-Reihe bestens bedient. Liebhaber forensischer Raffinesse oder thrillerspannender Ausgeburten krimineller Genialität sollten sich die Lektüre aber besser ein zweites Mal überlegen.

Ken Bruen: Jack Taylor fliegt raus. dtv, München 2012. Tb., 302 S., EUR 9,20

Autor: Helmuth Santler

26. Sep 2012 um 11:49

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