Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

Sound der Gebärden

41OEPW82LFL._SL160_Liebesnöte von Teenagern gehören eher nicht zu meinen bevorzugten Themen, weshalb ich besonders froh bin, im Fall von Freak City eine Ausnahme gemacht zu haben: Der Sound dieser ungewöhnlichen Lovestory ist frisch, frech und stimmig und ein echtes Lesevergnügen. Das ist aber „nur“ die Verpackung für einen in dieser Form absolut einzigartigen Inhalt: Denn Lea, Mikas Love Interest, nachdem die göttliche und unvergessliche Sandra in hat sitzen lassen, ist gehörlos. Nach und nach führt uns der Roman in eine vollkommen eigene Welt: jene von gehörlosen Jugendlichen. Je tiefer Mika eintaucht, desto mehr Schwierigkeiten tun sich auf; und auch Lea muss über ihren eigenen Schatten springen und einen von den Hörenden, die auf einem gänzlich anderen Planeten leben, an sich heranlassen.
War es anfangs Trotz gegenüber seiner Verflossenen, wird Mika bald von der temperamentvollen Lea in den Bann geschlagen – und nicht zuletzt vom abschätzigen Unverständnis aller anderen immer stärker zu ihr hingetrieben.
Der mehrfach preisgekrönte Jugendroman (u.a. für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2011 nominiert) ist das erste und einzige Werk im deutschsprachigen Raum überhaupt, das sich der Situation gehörloser Jugendlicher annimmt und ihr eine authentische Stimme verleiht. Im Zusammenhang mit der Taschenbuchveröffentlichung erfolgte gewissermaßen auch die offizielle Anerkennung seitens der Gehörlosenwelt: Die Leipziger Theaterfachschule Bongôrt-v. Roy ist die erste Schauspielschule im deutschsprachigen Raum, die auch gehörlose Schüler zu professionellen Schauspielern ausbildet. Typisch für die Schule sind zweisprachige Inszenierungen: Lautsprache und DGS (Deutsche Gebärdensprache). In einer solchen Form wird ab Sommer 2013 auch eine dramatisierte Fassung von Freak City mit zwei Schauspielern auf den Spielplan genommen, mit 45 Minuten Spieldauer eigens auf den Schulbetrieb abgestimmt. (Bei Interesse: info@schauspielschule.info [Holger-Hoppla Pester/ Roy Meißner])

Kathrin Schrocke: Freak City. Carlsen, Hamburg 2013. Tb., 236 S., € 7,20 (A)

Autor: Helmuth Santler

05. Jun 2013 um 11:18

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