Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

Rush – Alles für den Sieg

Ich verdanke Ron Howard einige der aufregendsten Filmstunden meines Lebens: Apollo 13 (1995, IMDB 7,6), A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn (2001, 8,1), The Missing (2003, 6,4). Das Gemeinsame dieser Streifen: Es sind allesamt Geschichten, die das Leben schrieb (was mich daran erinnert, mir auch Das Comeback [2005, 8,0] und Frost/Nixon [2008, 7,7] beizeiten einmal anzusehen).

Die besten Voraussetzungen also, dass auch das legendäre Formel-1-Duell zwischen Hunt und Lauda, durch dessen beinahe tödlichen Feuerunfall auf dem Nürburgring 1976 auf die dramaturgisch denkbar schärfste Spitze getrieben, einen gelungenen Kinoabend abgeben würde. Umso schöner, wenn hochgesteckte Erwartungen bei Weitem übertroffen werden.

Brillant, wie die beiden so gegensätzlichen Typen, der Rockstar und der Vulkanier, präsentiert werden: Hier Hunt, der die Behandlung einer Wunde nach einem Infight mit einem gehörnten Ehemann volley zur Anbahnung des nächsten amourösen Geplänkels nutzt; dort Lauda, der seinem Patriarchenvater, für den Nikis Rennfahrerpläne einem Affront gegen die guten (Familien-)Sitten gleichkommen, Geld und Erbe vor die Füße schmeißt und weit mehr als alles in sich selbst investiert. Zum Niederknien komisch, wie Niki Nazionale bei BRM und später bei Ferrari das Ruder in die Hand nimmt: „It’s terrible. Drives like a pig“, eröffnet er dem Techniker nach der ersten Runde im italienischen Nationalheiligtum auf Rädern, der darauf nichts anderes erwartet als die sofortige Strafe Gottes in Gestalt von Ferrari-Boss Luca Di Montezemolo: „You can’t say that. It’s a Ferrari!“ – „It’s a shitbox.“ Gefolgt natürlich von einer präzisen Analyse, woraus genau der knallrote Scheißhaufen besteht: „It understeers like crazy and the weight distribution is a disaster.“

Culture Clash

Die beiden Philosophien prallen aufeinander, Hunt und Lauda können einander nicht ausstehen, die Rivalität kocht über. Lauda „kills the sport“ aus Sicht von Hunt, mit seiner ewigen Disziplin und Analytik, Freunde macht er sich mit seiner Art sowieso keine. Hunt werde nie ein Champion sein, findet wiederum Lauda, weil er ja offenbar nur des Thrills und der Girls wegen überhaupt dabei sei, keine Gelegenheit zum Feiern auslasse und vom Setup eines Rennwagens bestenfalls eine vage Ahnung habe.

Drama, Spannung, Emotionen und immer wieder herrlich komische Momente: Vor allem Daniel Brühl als Niki Lauda ist eine Idealbesetzung, in der Originalfassung kann man sich nicht zuletzt an seinen sehr erfolgreichen Bemühungen delektieren, Englisch wie der echte Lauda in den 70ern zu reden. Chris Hemsworth als Hunt hat die einfachere und auf den ersten Blick gefälligere Rolle, die er auch bestens ausfüllt, die aber letztlich einfach nicht an die Substanz jener Brühls heranreicht.

Zuletzt gelingt es Howard bzw. dem Drehbuchautor Peter Morgan, die Geschichte auch noch zu einem vollends befriedigenden Ende zu bringen: Hunt und Lauda haben sich, bei aller wirklichen Rivalität als Rennfahrer und bei aller Gegensätzlichkeit, menschlich ausgezeichnet verstanden. Ganz wenige nur wurden mit Laudas höchster emotionaler Auszeichnung gewürdigt: seinem Respekt. Hunt war einer davon. Die beiden beschritten völlig unterschiedliche Wege – mit derselben unbeirrbaren Kompromisslosigkeit.

Egal ob man wie ich als 12-Jähriger bei den tatsächlichen Ereignissen mitgefiebert und -gelitten oder von Lauda noch nie gehört hat und Formel 1 für ein Waschmittel hält: ganz großes Kino.

Rush – Alles für den Sieg. 123 min., USA/D/UK 2013. FSK 12, IMDB 8,3. Erscheinungstermin: 28. März 2014

Blue-ray | DVD

 

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