Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

Arjounis bestes Buch

Jakob Arjouni: Chez MaxWir schreiben das Jahr 2064. Ort der Handlung: Paris – eindeutig diesseits des 60.000 km langen Zauns, der die fortschrittliche, demokratische Erste Welt des Großraums Eurasien von den Fanatikern und Terroristen des übrigen Planeten trennt. Freilich nicht allein: Bespitzelung ist unter dem Titel „Prävention“ zur noblen Kunst geworden, und wirklich werden Verbrechen am besten schon geahndet, bevor sie begangen werden. Verantwortlich dafür sind die Ashcroft-Männer – wie Max Schwarzwald, offiziell Besitzer des Feinschmeckertreffs „Chez Max“, und sein verhasster Kollege Chen Wu, der seiner Spionage unter dem Deckmantel des Bezirksgärtners nachgeht.

Arjouni hat sich einmal mehr völlig neu erfunden. Im Tonfall wieder ironischer als bei seinen Hausaufgaben, in seinen Prophezeiungen beklemmend, in seinem Zukunftsbild subtil sarkastisch. Die elitäre, politisch überkorrekte und auf raffinierte, huxleysche Weise alles normierende Gesellschaft der Zukunft hat tief in die Ethikkiste gegriffen und dort das Unterste zuoberst gekehrt. Der Wertewandel ist vollzogen, die Denunziation zum Beweis der Anteilnahme geworden. Das Schlimmste an Arjounis Text aber ist das würgende Gefühl, dass er lediglich bestehende gesellschaftspolitische Strömungen konsequent weitergeführt hat…

Jakob Arjouni: Chez Max. Diogenes 2006. Geb., 222 S.

Autor: Helmuth Santler

07. Sep 2006 um 00:28

Einen Kommentar schreiben: