Textmaker Helmuth Santler

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Die dritte Klaue Gottes

castro dritte klaueAndrea Cort und ihr verbundenes Liebespaar docken an einer Orbitalstation von Xana an, einem überaus hübschen Planeten im Privatbesitz eines interstellaren Waffenkonzerns. Allerdings wird es bis zu den letzten 30 Seiten des Buches dauern, bis sie tatsächlich ihre Füße darauf stellen werden können. Denn davon abgesehen, dass Andrea im Prolog stirbt und unmittelbar nach dem Betreten der Orbitalstation ein Attentatsversuch auf sie unternommen wird, passiert so gut wie nichts außerhalb des Fahrstuhls, der für den Orbit-Planetenbasis-Transfer verwendet wird.
Fahrstuhl ist natürlich eine irreführende Beleidigung für die „königliche Kutsche“ mit drei Decks, die allein dem Transport der alles beherrschenden Familiendynastie der Bettelhines, ihren sklavisch ergebenen Angestellten und ihren erlauchten Gästen vorbehalten ist. Zu denen, aus vollkommen unerforschlichen Gründen, auch Andrea gehört. Die zwar in Oscin und Skye endlich einen Doppelmenschen gefunden hat, der ihre diversen Unarten handzuhaben versteht, aber deshalb insgesamt kaum weniger soziophob, widerborstig, eigensinnig, stur, gnadenlos und innerlich verhärtet bis zur Unmenschlichkeit ist.
Außerdem ist sie die geborene Ermittlerin, umso mehr sie nun wertvolle Hilfe durch ihre(n) Liebsten erfährt. Denn es kommt zu einem Mord an Bord, aus dem sich ein Agatha-Christie-würdiges Kammerspiel ergibt; bloß dass die Entlarvung des Mörders noch lange nicht das Ende ist.
Castro macht da weiter, wo er in Halbgeist aufgehört hat, und erspart uns weder einen hochkomplexen Plot noch seine besondere Diktion, die, bei allem Charme und aller Originalität, eher zur weiteren Verwirrung beiträgt. Das macht das Lesen insgesamt etwas zäh und dämpft den Spannungsaufbau. Dafür punktet der Autor erneut mit extra schrägen Einfällen, die das Herz des SF-Lesers höher schlagen lassen. Definitiv für eher hartgesottene Fans des Genres.
Adam-Troy Castro: Die dritte Klaue Gottes. SF-Thriller, Bastei-Lübbe, Bergisch-Gladbach 2010. Tb., 432 S.

Autor: Helmuth Santler

05. Apr 2011 um 11:25

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