Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

Malibu

Leon de Winter: MalibuWir werden der Trauer eines Vaters teilhaftig, schnuppern im Haifischbecken des Hollywood-Business, verfolgen gewagte (meta)physische Spekulationen und erahnen geheimdienstliche Machenschaften – Leon de Winters jüngstes Opus gilt als sein kühnster Roman, packt er doch Stoff für drei Geschichten, Themen aus vier verschiedenen Genres in ein einziges Buch. An einem solchen Vorhaben kann man nur scheitern – oder wahre Meisterschaft beweisen.
Dem jüdisch-niederländischen Schriftsteller ist Zweiteres rundum gelungen: Malibu ist exzellent geschrieben, plastisch, glaubhaft, skurril und bis zum Würgegefühl im Hals bewegend; Malibu ist fesselnd und nicht zuletzt dank der ungeheuerlichen Plotwendungen im besten Wortsinn unterhaltend; und Malibu ist in höchstem Maße intelligent, weil mit Akribie recherchiert.
Aber noch mehr: de Winter reflektiert, durchaus kritisch, über esoterisches Grundwissen („Alles hängt mit allem zusammen“) und verpasst, fast ohne dass wir es merken, seiner Reflexion eine Metaebene; solcherart wird die Spekulation über Metaphysik selbst zur Metaphysik, zum eindrucksvollen Beleg für die Richtigkeit der Behauptung. Zugleich wird uns klar, dass wir trotzdem nichts wissen – zu komplex sind die Zusammenhänge für den kleinen menschlichen Geist. Wir können suchen, auch finden, das Alles wird nie unsere Sache sein. Der Mensch ist, in einem absoluten Sinne, zum Scheitern verurteilt; Malibu zeigt uns, wie wir dies mit Grandezza zustandebringen können, ohne dabei jemals das Augenzwinkern zu verlieren. Ein wunderbares Buch.
Leon de Winter: Malibu. Diogenes, Zürich 2004. 432 S.
Weitere Ausgaben: Hörbuch. 5 CDs.

Autor: Helmuth Santler

01. Jan 2011 um 16:14

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