Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

Menschen auf der Flucht

„Auf den Wiesen hing Nebel wie kondensierte Gedanken“: Es ist poetische Prosa, mit der das Autorenduo seine Bühne erschafft, eine von den Gräueln der Welt vermeintlich unberührte griechische Ferieninsel. Die verbale Landschaftsmalerei ist wichtig: als Trost, um das Elend zu ertragen, das sich auf dieser Bühne abspielt, als Kontrastmittel, durch das Tod und Trauer noch schmerzhafter hervortreten.

Zunächst scheint alles perfekt für die 17-jährige Jule, die sich kurz vor dem Abi zwei Wochen Auszeit vergönnt. Doch dann begegnet sie einem verletzten jungen Mann, dessen Gegenwart sie in ein wachsendes Gefühlschaos stürzt. Und Asman ist nicht allein: Andere leben im Verborgenen, wieder auf der Flucht, letzte Überlebende.

Grenzlandtage ist Flüchtlingsdrama und Liebesgeschichte in einem, ein einfühlsamer Grenzgang zwischen Kitsch und Schönheit, Anteilnahme und Naivität, Menschlichkeit und Unmenschlichkeit. Es urteilt nicht – was geschieht, spricht für sich selbst. Die wichtigste Botschaft des aufrüttelnden Buchs: Flüchtlinge sind keine Wellen und keine Katastrophe. Sie sind Menschen – in größter Not.

Peer Martin/ Antonia Michaelis, „Grenzlandtage oder Das Glück der Wanderfalter“. € 14,40 / 464 S. Oetinger-Verlag, Hamburg 2016

Im Standard, 18. 2. 2017:

Autor: Helmuth Santler

20. Feb 2017 um 12:39

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