Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

Nasse Fische, graue Zonen

Seit 2008 ermittelt Kommissar Gereon Rath im Berlin der 20er- und 30er-Jahre: eine Stadt im Kokainrausch, gewalttätig, vergnügungssüchtig, ein politisches Pulverfass zwischen Kommunisten und Klassenkampf, an das die Nazis eine Lunte legen.

Volker Kutscher hat mittlerweile sechs Krimis mit seinem moralisch zwiespältigen, etwas zu ambitionierten Antihelden vorgelegt; Arno Jysch dessen ersten Fall im Kleid einer Graphic Novel neu aufgerollt. Der stimmig in Schwarz-Weiß gehaltene Noir-Bildroman hebt mit Raths karrieretechnischer Bauchlandung bei der Berliner Sitte an, von wo aus er sich rasch ans Ziel seiner beruflichen Träume zurückarbeitet: die Mordkommission. Auf dem Weg dorthin verschwinden Personen und tauchen zumeist als Leichen wieder auf, Rath muss gegen sich selbst ermitteln und findet schließlich den Feind im eigenen Lager. Doch wie etwas beweisen, wenn man selbst so viel Dreck am Stecken hat?

Souverän und bruchlos erzählt, zeichnet Der nasse Fisch (Polizeijargon für einen ungelösten Mordfall) im doppelten Wortsinn ein kantiges, vitales Sitten- und Zeitgemälde des Berlin der Weimarer Republik.

Arne Jysch nach Volker Kutscher: „Der nasse Fisch“. € 18,50 / 216 S. Carlsen-Verlag, Hamburg 2017

Im Standard, 15.07.2017:

Autor: Helmuth Santler

16. Jul 2017 um 15:27

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