Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

Das Newsletter-Dilemma oder: kleiner Punkt ganz groß

Schon klar, dass niemand mehr die Buchstaben DSGVO sehen kann … trotzdem: Großspurig hat der Standard die „Fünf Mythen zum Datenschutz“ erklärt (Fünf? 500 träfe es wohl eher). „Mein“ Mythos war auch darunter: Dass die vielen, die um eine explizite Erneuerung von Newsletter-Abos anfragen (und damit den Verlust eines Großteils ihrer Abonnenten riskieren), sich hier völlig unnötig ins eigene Fleisch schneiden. Denn: „Fast stündlich treffen bei E-Mail-Usern derzeit E-Mails von Unternehmen oder Organisationen ein, die wegen der DSGVO um eine explizite Zustimmung für die weitere Zusendung von Newslettern bitten. Doch dieses Opt-in-Verfahren ist in den meisten Fällen nicht notwendig. Empfängern, die bereits eine Kundenbeziehung zum Unternehmen haben, können auch ohne explizite Zustimmung weiterhin Newsletter erhalten.“
Also bitte. Ich hatte recht! Allerdings laut Standard nur bis zum Mythos Nr. 3: „Wer schweigt, hat zugestimmt“. „Wenn Sie dem Erhalt des Newsletters nicht durch Klick auf den unten stehenden Link widersprechen, gehen wir davon aus, dass Sie den Newsletter weiter erhalten wollen.“ Falsch, sagt der im Standard zitierte Anwalt: „Schweigen stellt datenschutzrechtlich keine Zustimmung dar.“
 
Diese Aussagen widersprechen einander diametral, was niemanden zu stören scheint, und nach längerem Überlegen glaube ich jetzt verstanden zu haben, wo das Problem liegt: Fraglos ist es gesetzeswidrig, irgendjemandem einen Newsletter aufs Aug zu drücken und die Person als Abonnenten zu registrieren, bloß weil sie sich nicht dagegen ausspricht. Nur: Das ist ja schon seit Jahren so (Double Opt-in – ich muss den Newsletter aktiv bestellen und diese Bestellung anschließend bestätigen). Und: Die wenigen Fälle, in denen mir irgendwelche Firmen Newsletter ins Postkastl warfen, die ich nicht explizit bestellt hatte, sind passiert, weil ich bei irgendeiner Gelegenheit ein Häkchen übersehen hatte. In diesen stand aber bei aller Keilerei ganz sicher nicht „wenn Sie diesen Newsletter WEITER beziehen wollen“, weil das ganz und gar unmissverständlich darauf verweist, dass es das Newsletter-Abo bereits gibt. Vielmehr waren Formulierungen zu lesen wie: „Sie erhalten diesen Newsletter, weil Sie da und dort und mit diesem und jenem irgendwas zu tun hatten (ein Datenaustausch stattfand) … sollten Sie dies nicht wünschen, hier abbestellen.“
 
Die Darstellung im Standard hat mich geärgert, weil Anspruch (Schaffung von Klarheit – sehr mutig, muss man sagen, es gibt nämlich nirgendwo so etwas wie Meinungs- oder gar Rechtssicherheit mit dem ganzen Käse) und Wirklichkeit (kompletter Widerspruch durch im Detail völlig falsche Wortwahl und mithin mehr Verwirrung denn je) maximal auseinanderklaffen. Noch dazu, wo das alles ja so super ist: Der Standard „begrüßt die DSGVO“ – und steht damit in meiner Wahrnehmungsblase absolut allein da. Der letzte Datenkraken zur Überwindung aller Datenkraken hat sämtliche mir bekannten (Ein-Personen-)Unternehmen abwechselnd in Verzweiflung und ohnmächtige Zornausbrüche getrieben. Und jedenfalls zu völlig unverhältnismäßigem Aktualisierungs- und Anpassungsaufwand gezwungen.
 
Warum das alles hier steht und nicht als Post im Standard? Ganz einfach: Die proaktiv selbstgelobte DSGVO-superkonforme Lösung des Standards besteht im neuen Angebot des Pur-online-Abos. Oder der Akzeptanz von Werbung. Eine gute Idee, wie ich meine – würde sie funktionieren. Denn: Trotz Deaktivierung des AdBlockers habe ich keinen Zugang mehr. Und da ich Printabonnent bin, habe ich keinen Bock, für den Online-Gebrauch noch einmal zu zahlen. Obwohl: 1 Monat für EUR 1,– wärs mir definitiv wert. (siehe Screenshot links) Ein Fest für Korrekturnerds wie mich: Zum Vergleich das Inserat in der Printausgabe mit dem kleinstmöglichen, aber sehr entscheidenden Unterschied …

Autor: Helmuth Santler

26. Mai 2018 um 12:49

Einen Kommentar schreiben: