Textmaker Helmuth Santler

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Keine Frage des Geschmacks

Heinichen, Keine Frage des GeschmacksCommissario Proteo Laurenti, Veit Heinichens Serienkrimiheld, ermittelt wieder – zum siebenten Mal. Schauplatz ist natürlich wieder Triest und im Mittelpunkt steht diesmal: Kaffee. Triest ist der Sitz der wichtigsten Kaffeebetriebe Europas, der einzigen Kaffeeuniversität der Welt, und der zum Auftakt bekannt gewordene Diebstahl etlicher Säcke Rohkaffee ist beachtenswerter als es den Anschein hat. Immerhin beläuft sich der Sachwert auf 100.000 Euro.
Dennoch ist Laurenti deshalb nicht weiter beunruhigt. Die Wasserleiche eines fetten Deutschen ist da kriminalistisch gesehen schon bedeutungsvoller, zudem muss der Commissario sich auch noch mit einer schlüpfrigen Erpressungsgeschichte und dem Geheimhalten seiner neuesten Affäre befassen.
Das verflixte 7. Jahr scheint es auch bei Verbindungen zwischen Schriftstellern und ihren Romanfiguren zu geben. Jedenfalls ist dieser Krimi leider der insgesamt schwächste der ganzen Reihe. Die üblen Verflechtungen von Politik, Wirtschaft und organisierter Kriminalität, die Heinichen sonst so gekonnt sezierte und zum Fundament seiner brisanten Fälle machte, bilden zwar wieder den Hintergrund der verschiedenen Handlungsstränge, aus den immer mal wieder eingestreuten ätzenden Bemerkungen in Richtung Berlusconi, politischer Rechter und unrühmlicher italienisch-faschistischer Vergangenheit ist aber ein resignierter Unterton herauszulesen. Der Story fehlt es massiv an historisch-politischer Brisanz, sie kommt über das Abhandeln eines letztlich biederen Kriminalstücks mit ein paar bösen Buben kaum hinaus. Und auch in der Schreibe selbst vermisste ich den gewohnten, unwiderstehlichen Zug zum atemlosen Finale, den gekonnten Spannungsaufbau mit pulsbeschleunigendem Showdown. Zuviel Häferlkaffee mit Milch statt dem bittersüßen Mokka der Extraklasse, den uns Heinichen schon ein halbes Dutzend Mal serviert hat.
Veit Heinichen: Keine Frage des Geschmacks. Zsolnay, Wien 2011. Geb., 368 S.

Autor: Helmuth Santler

26. Mrz 2011 um 15:19

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