Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

Attentat

nothomb, attentat TbAls erklärter Fan von Amélie Nothomb habe ich mich vermutlich zu sehr auf die Lektüre dieser jüngsten Neuerscheinung gefreut. Sicher, die Autorin glänzt auch in diesem Band wieder mit ausgefeilter Eloquenz, lässt ihren scharfen Intellekt auf das saturierte Bildungsbürgertum herniederfahren wie ein Teufel in Engelsgestalt. Ihr Thema diesmal: die Schönheit oder was wir dafür halten. Ihr Held ist die Antithese von Schönheit: Epiphane ist gebildet und wortgewandt, muss aber mit dem Aussehen einer Missgeburt leben. Wirklich witzig, wie er einer großen Modelagentur erfolgreich einredet, ihn, die Hässlichkeit in Person, für den Laufsteg zu gewinnen – denn erst angesichts seiner Monstrosität werde die Schönheit der Mädchen so richtig zur Geltung kommen…
Leider übertreibt es Amélie Nothomb in diesem fast 10 Jahre alten Text für meinen Geschmack: Die Figur des Epiphane ist zu künstlich, um irgendwann glaubhaft zu wirken. Die Dialoge wirken prätentiös. Und das Ende bewirkt keine erfreute Verblüffung, sondern nur Stirnrunzeln. Von den 5 Büchern aus der Feder der Französin, die ich kenne, das eindeutig schwächste. Wie definierte doch Karl Kraus den Feuilleton? „Auf einer Glatze Locken drehen.“
Amélie Nothomb: Attentat. Roman, Diogenes, Zürich 2006. Geb., 194 S.

Autor: Helmuth Santler

29. Mrz 2010 um 22:10

Kategorie: Buch,Roman

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