Textmaker Helmuth Santler

Der Textmaker – und die Botschaft kommt an

Überlebensmärchen

Das Unsagbare sagen, das Unvorstellbare vorstellbar machen – über die Shoah zu sprechen, verlangt nach nichts weniger. Dafür gilt es, das Gift des Unerträglichen in einer Dosis einzuträufeln, die verkraftbar ist; dem puren Mordwahn verschließt sich unser Geist aus Selbstschutz. Grumberg, dessen Vater und Großvater den Holocaust nicht überlebten, wählt deshalb die Sprache des Märchens, vertraut auf die Kraft der Poesie, um inmitten des Grauens die Geschichte einer absurden Hoffnung zu erzählen. Eine Geschichte des Gegenteils der Vernichtung: des Überlebens und der Liebe.

Der Text versetzt uns in einen furchtbaren, endlosen Winter, in dem ein winziges Bündel Leben aus einem Güterzug geworfen wird, „aus Liebe oder aus Verzweiflung“, und einer armen Holzfällersfrau, einer „ohne ein Kind zum Liebhaben“, vor die Füße fällt. Das herzzersprengend anrührende Märchen, die Schönheit der Worte wurden in der Übersetzung mit ebenso dunklen wie seelenvollen Illustrationen von Ulrike Möltgen bereichert. Ein alters- und zeitloser Instant-Klassiker, nominiert für den deutschen Jugendliteraturpreis 2021.

Jean-Claude Grumberg, „Das kostbarste aller Güter“. € 16,50 / 136 S. Jacoby & Stuart, Berlin 2020

Im Standard, 10.7.2021

Autor: Helmuth Santler

12. Jul 2021 um 09:25

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