No Nazis, no Narziss
Es geht um nichts weniger als das Morgen der USA, aber im Grunde der ganzen Welt in diesem komplexen, persönlichen und (vor allem auch grafisch) eindringlichen Essay von Nate Powell, seines Zeichens der erste Comiczeichner, dem der National Book Award (nebst einer Vielzahl weiterer Auszeichnungen) verliehen wurde. In Save It for Later. Über die Verantwortung für unsere Zukunft und die Dringlichkeit von Protest lässt der Autor uns zu Anfang den Unglauben, die Verstörung, das Entsetzen nachfühlen, als feststand, dass ein psychopathischer Lügner und Narziss Präsident der Tag für Tag weniger Vereinigten Staaten von Amerika wird. Wir bangen mit ihm beim Versuch, seiner mit Toleranz und Respekt großgezogenen Fünfjährigen zu verdeutlichen, dass es das Böse tatsächlich gibt – und es unsere Pflicht ist, sich dagegen zu stemmen. Wir folgen ihm auf einer gewundenen Spurensuche in der Vergangenheit, die zeigt, dass eben dieses Dagegenstemmen angesichts so vieler Zeichen allzu oft unterblieben ist. Durch Protest. Durch physische Präsenz. Durch die Art, wie wir unser Leben bestreiten: „Jeder Moment, den wir in Liebe leben, (ist) auch Dienst an der Schaffung einer Welt, die ein würdiges Erbe für unsere Kinder sein wird.“
Mit Blick auf die US-Gegenwart wird klar: Es ist fünf Minuten nach Trump. Was dort geschieht, ist weltweit zu beobachten, ist weltweit eine Gefahr für die grundlegendsten Werte von Demokratie und Menschenrechten. Jetzt oder nie. „Wir bestimmen, in was für eine Gesellschaft unsere Kinder hineinwachsen. Durch das, was ein jeder von uns tut oder nicht tut. Vor dieser Entscheidung stehen wir in jedem einzelnen Moment. Also entscheidet euch.“
Nate Powell, „Save It for Later“. € 24,70 / 160 S. Carlsen-Verlag, Hamburg 2021
Kurzrezi im Standard, 23.7.22 (Die Dachzeile „Jugendbuch“ ist leider irreführend, ich wollte an dieser Stelle „All-Age-Graphic-Novel ab 16“.)
